Ihr sucht nach dem idealen Hund? Dem treuen Freund fürs (Hunde-)leben?
Diese Suche habe ich hinter mir und bin zu dem Ergebnis gekommen:
ein Landseer muss es sein!
Die Ausgangssituation: 5-köpfige Familie beschließt ein 6. Familienmitglied aufzunehmen.
Na ja, nicht ganz: einige Kleintiere gehören schon zur Familie: diverse Fische in 3 Aquarien und Meerschweinchen in wechselnder Anzahl (aus dem Tierheim, Nachzucht von Bekannten).
Die 3 Kinder sind zu diesem Zeitpunkt 8,11,13 Jahre alt.
Zunächst einmal werden Rassebücher gewälzt, jeder liest, was ihm an den Hunden gefällt und bei Interesse wird ein Zettelchen ins Buch gesteckt (für jedes Familienmitglied eine andere Farbe). Bei manchen Hunden stecken mehrere Zettel, schon mal verheißungsvoll.
Da man davon ausgehen kann, dass die Eltern die Hauptverantwortung übernehmen, haben die natürlich ein Veto-Recht, so verschwinden schon mal einige Zettel. Nach einiger Zeit kristallisiert sich eine Rasse heraus, die alle Farben auf sich vereinen kann. Ihr habt es erraten:
Der Landseer
Das liest sich jetzt ganz fix, hat sich aber über ca. 3/4 Jahr hingezogen – aber wie man zu so einer Entscheidung kommt, das schreibe ich mal in einem anderen Bericht.
Was ist der Landseer nun für ein Hund?
Der Landseer ist eine eigenständige Rasse, die ursprünglich aus Neufundland kommt und ihren Namen vom englischen (oder sollte ich sagen britischen?) Sir Edwin Landseer kommt, der sehr viele Rasseportraits gemalt hat in einer Zeit in der der Landseer „Modehund“ der Reichen in England war.
Auch das deutsche Königshaus hatte diese Hunde.
Wer genau hinschaut: in einer der Sissi-Folgen sieht man einige davon im Schnee herumspringen, sie gehörten also wohl auch in Österreich/Ungarn zum „guten Ton“.
Was vielleicht wenig bekannt ist:
Die Rasse ist in den Wirren der Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts so gut wie ausgestorben. Mit sehr viel Mühe und Enthusiasmus haben sich einige Züchter darangemacht, sie zu rekonstruieren. Wie ging das überhaupt?
Nun, die Zuchtmethoden heutiger Zeit sind nicht die vergangener Tage, man hat lange Zeit wenig Wert gelegt auf Rassenreinheit, wie wir sie heute kennen und so hat man – Neufundländer = Neufundländer – den „schwarzen“ Neufundländer mit dem schwarz/weißen (Landseer) gekreuzt. So kommt es, dass es auch eine Spielart S/W Neufi gibt, was letztlich die Rettung der Rasse des Landseer wurde.
Man nahm die alten Standards her und kreuzte S/W Neufis ein, die möglichst nahe an den Standard herankamen. Es dauerte einige Jahrzehnte, bis wieder eine nennenswerte Menge von Hunde den Namen Landseer verdiente.
Die ganze Geschichte würde das Format eines Berichtes sprengen, daher nur dies als Anregung.
Wer sich für die Geschichte des Landseers und die Zuchtgeschichte interessiert sei verwiesen auf den Deutschen Landseer Club (DLC), dort wurde sie in mehreren Zuchtbüchern dokumentiert (im Internet zu finden unter landseer.de).
Den zweiten im VDH (Verein deutscher Hundezüchter) genannten Verein kenne ich weniger, sicher findet sich auch dort vieles. Weitere Zusammenschlüsse von Züchtern findet man auch unter internationalen Züchterverbänden.
Ich möchte euch nicht mit dem Zitieren des Standards langweilen, daher nur einiges daraus, was dann einen Eindruck vermitteln soll.
Wie sieht ein Landseer aus?
Nun, das obige Foto zeigt ein wunderschönes charakteristisches Exemplar. Natürlich variieren die Platten (schwarze Flecken). Ein standardgerechter Landseer darf aber nie schwarze Beine haben, die schwarze Kopffärbung darf nicht in eine Schulter- oder Rückenplatte übergehen und der Schwanz darf nie mehr als zur Hälfte schwarz sein (zur Spritze hin immer weiss)
Die Gestalt unterscheidet sich sehr vom Neufundländer: der Landseer ist bei gleicher Länge ein gutes Stück höher und von der Figur her eher retrievermässig, schlank und agil. Beides sollte er bis ins hohe Alter auch bleiben.
Der Landseer ist ein SEHR GROSSER Hund.
Er ist ein imposant großer Hund lt. Standard werden Hündinnen bis 74 cm und Rüden bis 80 cm Schultermaß. Gewicht bis 80 kg beim Rüden. Es gibt aber eine Menge Hunde die diese Maße weit übertreffen. Die Hunde der deutschen Könige hatten Schultermaße um ca. 1m! Das Essen auf dem Tisch ist also für den ausgewachsenen Hund genau in Maulhöhe und man braucht sich zum Kraulen nicht zu bücken.
Er wurde ursprünglich als Arbeitshund eingesetzt für Aufgaben, die viel Kraft erforderten, beispielsweise das Einholen von Netzen auf Booten.
Für den Besitzer heißt das: nur ein gut erzogener Hund ist ein angenehmer Kamerad. (Mein Ex-Mann hat einige Erfahrung damit, am Ende der Leine hängend, am Boden zu liegen)
Also Erziehung ist ein absolutes Muss!
Erfreulicherweise ist ein Landseer ein Hund der seine Menschen sehr liebt und gefallen will. Er lässt sich mit liebvoller Konsequenz leicht erziehen und leiten. Die Ausbildung zum Begleithund macht ihm Freude und ist sehr sinnvoll. Ein gut erzogener Hund ist auch für Jugendliche gut zu leiten. Dennoch: man unterschätze nicht, dass auch der besterzogene Hund in extremen Situationen extrem reagieren kann, also sollte niemand mit einem solchen Hund allein unterwegs sein, der nicht die notwendige Körperkraft mitbringt.
Mehr zum Charakter
Landseer haben im Idealfall eine sehr hohe Toleranzschwelle. Unser Rüde ließ sich wochenlang die „dumme Anmache“ von seinem Bruder gefallen und entzog sich. Aber eines schönen Tags „schlug“ er dann doch zurück. Gott sei Dank sehen Rüdenkämpfe meist schlimmer aus als sie sind, der aufmüpfige Bruder trug ein kleines Loch im Ohr davon und die Sache war erst mal aus der Welt.
Leider ist diese Toleranzschwelle noch nicht bei allem Hunde erreicht. Rivalitäten zwischen Rüden sind noch immer mehr als erwünscht vorhanden, wenn man auch schon ein sehr gutes Stück auf diesem Weg vorangekommen ist. Wer sich ein Bild davon machen möchte, sollte mal eine Ausstellung besuchen.
Meist sind Hündinnen leichter zu leiten (und auch von der Kraft her nicht ganz so kritisch) – eine zickige Hündin kann aber enorm viel Ärger machen. Insbesondere sind Hündinnenkämpfe weit folgenreicher als die der Rüden, da kann es zu ganz schlimmen Ergebnissen kommen.
Dies alles soll nicht Angst machen, braucht es auch nicht, aber es unterstreicht m.E. anschaulich, dass auf eine Ausbildung unbedingt Wert zu legen ist.
Noch was positives: der Landseer liebt zwar seine Menschen sehr und will am liebsten immer mit ihnen zusammen sein. Ein Landseer im Bett ist aber eher nicht zu befürchten – es ist ihm schlicht zu warm.
Ein Landseer wird im Notfall seine Familie auch verteidigen, das macht er aus eigenem Antrieb und sehr instinktsicher. Man versuche nur nicht, ihm ein Schutzhundetraining angedeihen zu lassen. Es kursieren einige wahre Geschichten der folgenden Art:
Gespräch Landseer-Besitzer (L) / Schäferhund-Besitzer (S)
S: Überlass mir mal deinen Hund für ein zwei Stunden, aus dem mach ich dir einen erstklassigen Schutzhund
L: Glaub ich nicht, ist auch nicht nötig!
S nervt noch eine Weile, bis L schließlich (gegen besseres Wissen) zustimmt – Nach 2 Std. schweißtreibender Arbeit:
S: Also weißt du, dein Hund ist einfach dämlich, der hat überhaupt nicht mitgemacht, du hast wohl Recht.
Wieder einige Zeit später treffen sich L und S in der Kneipe. Als sich S von L verabschiedet hat, beißt L’s Landseer einmal kräftig in den Hintern von S, damit war für den Landseer die Sache erledigt.
Aufzucht / Pflege
Auf Grund der imposanten Erscheinung hat der Landseer ein extremes Wachstum zu bewältigen. Um Knochenbau und Muskulatur richtig zu entwickeln ist in der Jugend eine Menge in der Ernährung zu beachten und auch die Unterbringung ist entscheidend. So soll ein im Wachstum befindlicher Hund möglichst gar keine Treppen bewältigen müssen. Das schließt die Haltung in einer Etagenwohnung von vorn herein aus (oder wollt/könnt ihr 50-60 kg Hund mehrmals täglich die Treppen rauf und runterschleppen? – ganz davon abgesehen, dass der Hund es wohl nicht mag!)
Über die Fütterung sprecht ihr am besten mit eurem Züchter. Der hat die notwenige Erfahrung und kann euch den Futterplan so zusammenstellen, dass ihr euch das Biologiestudium ebenso sparen könnt wie das Chemiestudium. Wenn man sich daran hält und regelmäßig das Gewicht kontrolliert, kann man es gut bewältigen und wird auch Erfolg (in Gestalt eines gesunden Hundes ohne HD) haben.
Der erwachsene Hund kommt mir einer Futterration zu Recht, viele füttern aber lieber in 2 Portionen, um den Magen nicht mit zu großen Mengen zu belasten. Wasser soll natürlich immer frisch bereitstehen.
Ein unschönes Thema ist die Magendrehung (man kennt das auch von anderen großen Hunderassen). Als Vorsichtsmassnahme sollte man den Hund nach dem Fressen ruhen lassen, nur was tun, was der Hund da nicht mitmacht? Unsere Hündin hatte leider auch eine Magendrehung (im vorgerückten Alter von fast 7 Jahren, da sollte man doch meinen, dass sie ein bisschen ruhiger wird!) – Not-OP – alles gut gegangen. Auch darüber mit Züchter und Tierarzt sprechen!
Dass man Impfungen und Wurmkuren regelmäßig macht, brauch ich wohl nicht zu erwähnen, oder?
Im Grunde ist der Landseer ein pflegeleichter Hausgenosse. Sein Fell ist „selbstreinigend“. Will heißen: nach einem ausgedehnten (Schlamm-)Bad reicht ausbürsten nachdem das Fell wieder trocken ist und er ist so gut wie neu. Oft sieht man vor dem Ausbürsten schon nichts mehr vom Dreck. Der verschwindet leider aber nicht spurlos, sondern findet sich überall im Haus, ebenso wie die schönen weißen und wenigen schwarzen Haare, die besonders zu Fellwechselzeiten in Knäueln in der Wohnung zu finden sind. Häufigeres bürsten hilft (der Wohnung ein wenig, dem Hund aber macht es meist Freude, wenn man ihn nicht in jungen Tagen damit geärgert hat).
Natürlich liebt der Landseer seine regelmäßigen Spaziergänge. Ein gut trainierter (vor allem nicht zu schwerer!) Hund kann da auch am Fahrrad laufen (allerdings keine 20 km! und auch in moderatem Tempo). Lieber allerdings zieht er ein Wägelchen, oder trägt den Einkaufskorb – entsprechendes Training vorausgesetzt.
Schwimmen ist die Leidenschaft (fast) jeden Landseers – es soll tatsächlich auch wasserscheue Landseer geben! Er ist ein erstklassiger Schwimmer (was man schon bei den ausgeprägten Schwimmhäuten zwischen den Zehen vermuten kann) und sogar Taucher. Er hat einen angeborenen Rettungsinstinkt – Vorsicht also beim Schwimmen mit dem Hund, man kriegt leicht Kratzer ab, bis der Hund erst mal begriffen hat, dass sein Herrchen auch schwimmen kann.
Er hat die Fähigkeit zum Wasser-Rettungshund. Ist so etwas gewünscht, bitte bei den ausbildenden Verbänden erkundigen, da kenne ich mich nicht aus.
Kosten
Zunächst einmal die Anschaffung. Man sollte einen Landseer wirklich nur beim seriösen Züchter kaufen. Tipps zum finden eines solchen schreibe ich in einem anderen Bericht. Es ist mit Kosten ab 1000 EUR zu rechnen.
Bedenkt bitte für den Unterhalt außer den Futterkosten (die liegen während der Aufzucht bei ca. 2.50/Tag – später kann man mit ca. 1 EUR/Tag auskommen), der Steuer und den regelmäßigen Impfungen und Wurmkuren (2 Mal jährlich ca. 50-100 EUR) auch die „nicht vorhersehbaren Ereignisse“ – eine Magendrehungs-OP liegt mal eben bei ca. 1000 EUR – Kann/will man sich das leisten?
Ein „Körbchen“ braucht ein Landseer nicht – vielleicht eine Decke. Auch die Kosten für eine Leine halten sich in Grenzen. Hundefriseur brauchen wir auch nicht.
Fazit
Der Landseer ist ein verlässlicher Familienhund, der mit liebevoller Konsequenz erzogen unendlich viel Freude bereitet. Ans Umfeld stellt er jedoch ein paar Ansprüche: ebenerdiges Wohnen ist verpflichtend, die meisten Züchter verlangen einen eigenen Garten.
Landseer haben eine mittlere Lebenserwartung von ca. 10 Jahren – manche erreichen auch das 14. Lebensjahr. Sie bleiben bis ins hohe Alter lebhaft und verspielt, also nichts für „Langeweiler“.
Bedenkt also bei der Anschaffung, dass sich eure Lebensumstände für einen solchen Zeitraum hundegerecht erhalten.
Nun hab ich versucht mich aufs Wichtigste zu beschränken, aber es ist doch ein langer Bericht geworden.